
Die Waldohreule ist in der Schweiz vom Schweizer Vogelschutz SVS zum Vogel des Jahres 2014 ausgewählt worden. Die Waldohreule liebt fliessende Übergänge zwischen Wald und Kulturland mit lichten Waldpartien, Magerwiesen, Hecken und extensiv genutztem Wiesland. Mit der Waldohreule wird darauf aufmerksam gemacht, dass dieser Lebensraum stark schwindet.
Häufig aber unsichtbar
Die Waldohreule ist eine der häufigeren Eulen in der Schweiz, in Liechtenstein hat ihr Bestand in den letzten Jahrzehnten abgenommen. Aufgrund ihrer nächtlichen Lebensweise sieht sie kaum jemand. Sie brütet im Mittelland, im Jura und in den Alpentälern bis auf 1500 m. In der Dämmerung geht sie auf die Jagd. Den Tag verschläft sie auf einem Baum sitzend. Ihr leiser Ruf, ein kurzes „huh“, ist meist nicht sehr weit zu hören.
Ohren, die keine Ohren sind
Besonders auffällig an der Waldohreule sind die namensgebenden Federohren – die gar keine Ohren sind. Die Waldohreule braucht sie als Ausdrucksmittel für ihre Mimik. Kaum ein anderes Tier kann seine Gemütslage so ausdrucksstark darstellen mit ihrem Gesichtsschleier und den Ohren wie die Waldohreule. Eulen faszinieren Menschen, da sie wie diese beide Augen vorne im Gesicht haben. Dadurch haben sie jedoch einen kleinen Blickwinkel. Die Eulen kompensieren dies durch eine aussergewöhnliche Drehfähigkeit des Halses. Dank 14 Halswirbeln (Mensch nur 7) können die Eulen ihren Kopf um 270° drehen. Somit sind sie in der Lage zu beobachten, was hinter ihrem Kopf passiert, ohne sich umwenden zu müssen.
Gewiefte Jägerin, einseitiges Menu
Spezialisiert ist die Waldohreule auch für die nächtliche Jagd. Nicht primär mit den grossen Augen, sondern mit dem sehr feinen Gehör ortet sie in dunkler Nacht ihre Beute, welche zu über 80% aus Feldmäusen besteht. Am besten hört die Waldohreule bei sieben Kilohertz, dem Spektrum, in dem die Mäuse piepsen. Dank einem geräuschlosen Flug wegen gezahnten Flugschwingen und einer samtartigen Struktur auf den Federn, welche den Luftwiderstand brechen, kann sie die Mäuse überraschen und mit ihren sehr scharfen Krallen packen.
Die Anzahl Mäuse in einem Lebensraum bestimmt auch wieviele Eier die Waldohreule legt. In schlechten Mäusejahren sind es nur 3-5 Eier, in guten Mäusejahren legt sie bereits Ende Februar 6-8 Eier. Diese werden nur vom Weibchen in einem alten Krähennest am Waldrand oder in einem Feldgehölz ausgebrütet. Die Jungen sind ungleich alt, da das Weibchen bereits bei den ersten Eiern zu brüten beginnt. Nach 3 Wochen verlassen die Jungen noch im Dunenkleid das Nest, sitzen auf Ästen herum und fordern nachts laut fiepend die Eltern auf, Futter zu bringen. Erst nach ca. 10 Tagen können sie fliegen und begleiten die Eltern auf der Mäusejagd.
Verlust der Übergangsbereiche Wald-Kulturland stoppen
Früher waren Übergangsbereiche zwischen dem Hochwald und dem Ackerland verbreitet. Lichte Waldpartien, Hecken, Obstbäume, Magerwiesen oder Weiden boten der Waldohreule einen optimalen Lebensraum. Heute ist die einstmals breite Übergangszone meist auf eine Linie zusammengeschrumpft, da im Wald ein dichter Hochwald wächst und auch das Kulturland stark intensiviert wurde. Halboffene Lebensräume sind aber für die Biodiversität sehr wichtig und bieten einer ganzen Anzahl Pflanzen- und Tierarten Lebensraum. Darum fordert der SVS/Bird Life Schweiz dazu auf, lichte Waldbereiche mit strukturreichem Kulturland zu kombinieren und wo immer möglich neu entstehen zu lassen. Dank vermehrter Energieholznutzung, Programmen für lichte Wälder und neuen Beiträgen in der Landwirtschaft für Landschaftsqualität nebst den Beiträgen zum ökologischen Ausgleich bestehen neue Anreize dazu. Damit kann ein schon fast verschwundener, artenreicher Lebensraum der traditionellen Kulturlandschaft erhalten bleiben.